Reizüberflutung - Wann wird es zu viel?

Reizüberflutung

 

Die Welt ist voller (An-)Reize, besonders für Kinder. Kein Wunder also, wenn es manchmal einfach zu viel wird und Kinder in Tränen ausbrechen oder anderweitige Ventile suchen. Mit zu vielen Reizen können Kinder noch nicht umgehen. Sie versuchen sich dann gegen diese vielen Reize zu wehren und möchten das auch zeigen. Besonders im Baby- und Kleinkindalter sollte auf das Angebot von Reizen Rücksicht genommen werden. 

 

Vielleicht hast du das auch schon einmal bemerkt, dass dein Kind nach der Kita besonders quengelig oder angestrengt ist. Mitunter kann der Weg nach Hause oder ein Einkauf dann schon das Fass zum Überlaufen bringen und einen kleinen Ausbruch bedeuten. Doch warum ist das eigentlich so und wie kannst du vorbeugen?  

 

Reize werden von Kindern mit all den verschiedenen Sinnen wahrgenommen. Diese Reize bewirken auch überhaupt erst die kindliche Entwicklung. Denn durch Reize agieren Kinder. Sei es das Geräusch oder die Stimme der sie folgen, das Spielzeug, das sie sehen oder auch das Material, das sie spüren. Reize sind für Kinder also auch unheimlich wichtig. Hierüber sammeln sie Erfahrungen. Doch manchmal kommt einfach der Punkt, da wird es zu viel. Es kommt zu einer Reizüberflutung. Dann passiert sogar das Gegenteil: Kinder finden keine Ruhe, Dinge zu verarbeiten und zu verstehen. Und diese Zwischenzeit brauchen die Kinder so dringend. 

 

Kinder erleben die Welt zum ersten Mal

Was wir als Erwachsene mitunter nicht mehr sehen, hören und anders erfahren (wollen), das bemerken jedoch unsere Kinder. Vor allem, wenn sie es das erste Mal erleben. Es interessiert und begeistert sie. Und das kann man ihnen ansehen. Sie freuen sich über jede Kleinigkeit. 

 

Als dein Kind geboren wurde kannte es die Welt mit all seinen Besonderheiten, die Umwelt, Gegenstände, Geräusche und all diese Dinge natürlich noch nicht. Kinder hören das erste Mal die Kirchturmglocken, riechen frisches Gras, schmecken eine Erdbeere, fühlen das Fell eines Hundes, sehen einen großen Laster auf der Straße, sind das erste Mal bei einem Fußballspiel im Stadion. Du wirst es sicher aus eigener Erfahrung kennen: Etwas Neues zu erleben, das dazu noch aufregend und spannend ist, muss auch von uns erstmal verarbeitet werden. Wir Erwachsenen sind schon daran gewöhnt, alles schneller und beiläufiger zu verarbeiten. Aber wie schön ist es auch für uns, sich mit einer Tasse Tee auf die Couch zu setzen und einfach ein paar Minuten für uns zu haben und inne zu halten. Dinge Revue passieren zu lassen oder nachzudenken. Gerade unseren Kindern sollten wir diese Verarbeitungszeit auch gönnen. Dazu kommt, sie können uns mitunter noch nicht sagen, dass sie Zeit für sich und ihre Gedanken brauchen. Diese Ruhezeit müssen wir ihnen geben. Jeder, der etwas zum ersten Mal erfährt, braucht eine längere Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, um es zu verarbeiten und daraus zu lernen. Damit wird auch der Mittags- oder Nachtschlaf für Kinder noch bedeutsamer. In dieser Ruhezeit verarbeiten sie Erlebtes. 

 

Je jünger das Kind, desto weniger Reize

Zu viele Reize für Kinder

 

Je jünger dein Kind ist, desto mehr Sicherheit und Nähe braucht es. Und desto weniger Reize braucht es auch. Sei lieber als Bezugsperson anwesend. Für dein Baby ist es in den ersten Monaten völlig ausreichend, wenn es in einem Kinderwagen liegt und dabei geschoben wird. Die große Sicherheit, der Körperkontakt, fehlt. Umso mehr braucht es aber die Sicht auf dich, seiner Bezugsperson. Dann kann es auch entspannen und sich auf das Abenteuer „Kinderwagen fahren“ einlassen. Es braucht nicht den Himmel dabei sehen, der an ihm vorbeizieht und auch nicht noch drei bis fünf kleine Stofftiere, Schnullerketten und Glöckchen. Es schaut, riecht, hört und spürt – das ist genug. Babys reicht es vollkommen, die Luft mit all ihren Gerüchen wahrzunehmen, dich zu sehen und die Umgebungsgeräusche zu hören. Auch das kann schon sehr fordernd für ein Baby sein. Umso wichtiger auch hier wieder die Ruhephasen, die du deinem Kind in dieser Zeit geben kannst, damit es diese verarbeiten kann. Kinder, die Zeit haben, das Erlebte zu verarbeiten, werden auch im Hinblick auf Kita und Schule deutlich ausgeglichener und entspannter sein. Durch jede Reizerfahrung, gekoppelt mit Ruhezeiten, lernen sie mit neuen Situationen und mitunter auch Herausforderungen umzugehen und sind folglich für Neues eher bereit und gewappnet. Du tust deinem Kind also nur Gutes, nicht zu viel zu geben und zu wollen.  

 

Kinder brauchen Neues und Bekanntes gleichermaßen

Natürlich braucht dein Kind Reize, um sich (weiter) zu entwickeln. Wenn es nichts Neues kennenlernt und sich damit auseinandersetzt, lernt es seine Vorlieben und Fähigkeiten auch nicht kennen. Es bekommt keinen „Anreiz“, sich auszuprobieren. Und um Dinge genauer zu erfahren und sich daran weiterzuentwickeln, braucht es Bekanntes und die Zeit für viele Wiederholungen. Auch hier wieder: Je mehr Ruhe du deinem Kind gibst, desto mehr möchte es entdecken und probieren. 

 

Reizüberflutung – Weniger ist mehr

Liegt dein Baby in einem Berg voller verschiedener Spielzeuge, wird es sich schwer entscheiden können, mit welchem Spielzeug es spielen möchte.  Es ist dann einfach viel zu vielen Reizen ausgesetzt, denn die Umgebung in der es liegt, ist bereits ohne Spielzeug schon voller Reize. Den Teppich fühlen, dem Regen am Fenster lauschen oder herausfinden, wie der Ärmel des Pullovers schmeckt. Keine Sorge, du bemerkst es, wenn sich dein Kind langweilen sollte. Auch dann erst kannst du ihm neue Reize in Form von Gesprächen, Materialien oder auch Spielzeugen anbieten, mit dem es sich beschäftigen kann.

 

Doch weniger ist mehr: Weniger Spielzeug fördert das Ruhen und Weiterentwickeln des kindlichen Spiels. Dein Kind lernt, sich auf eine Sache zu konzentrieren, Dinge immer weiter auszuprobieren und geduldig etwas zu üben, bis es das kann, was es möchte.

 

Kinder äußern deutlich, wenn sie von etwas genug haben. Sie werden müde, sehr albern, schimpfen über den langen Weg, haben Hunger, weinen oder klammern sich sehr an Mama und Papa. Sei also gewappnet, wenn dein Kind nach der Kita mitunter die verschiedensten Launen zeigt. In der Kita werden die Kinder natürlich den unterschiedlichsten Reizen begegnen und lernen den gesamten Tag über Neues kennen. Seien es die sozialen Kontakte, neue Spielsachen, Ausflüge oder auch Regeln und Verhaltensweisen. All das wirkt sich auf dein Kind aus. Für dich ist es natürlich nicht einfach, da du den Reizen in der Kita nicht mitverfolgen kannst und so nicht sehen kannst, wann es mitunter zu viel wird. Aber auch in der Kita sind daher die Ruhezeiten verankert und so wichtig. Hab den Gedanken dennoch im Hinterkopf, dass dein Kind in der Kita so viel Neues erfahren hat, dass es mitunter am Nachmittag nicht immer gleich aufnahme- oder belastungsfähig ist, wie an anderen Tagen.  Biete deinem Kind Optionen, frage direkt, ob es eine kleine Ruhepause, gerne auch mit Kuscheln oder einem Buch möchte oder, ob ihr noch gemeinsam etwas unternehmen wollt. Ab diesem Punkt wirst du als Elternteil dein Kind wieder am Besten lesen können und kannst so sehen, was es nun braucht. 

 

Ruhezeiten schaffen

In einer Welt voller Reize bleiben Ruhezeiten mit am Wichtigsten für Kinder. In dieser Zeit lernen und entwickeln sich Kinder genauso viel weiter, wie in den Momenten in denen sie etwas aktiv erleben. In den Pausen kommen sie selbst zur Ruhe, können Energie auftanken und Kraft sammeln für weitere Erlebnisse. 

 

Auch nicht zu verachten: Sei deinem Kind auch hier ein Vorbild.  Kinder orientieren sich immer an ihren Eltern. Daher ist es auch als Erwachsener wichtig, sich nicht durchgängig mit Dingen zu beschäftigen, sondern auch einfach in Ruhe den Moment zu genießen und sich Zeit zu nehmen. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0